Der Einstieg der Migros in den Golfsport – ein Hürdenlauf
Eugen Hunziker im Gespräch mit Martin Hodler
Eugen Hunziker, von 1992 bis 1997 Präsident der Generaldirektion des Migros-Genossenschafts-Bundes (MGB), spielte beim Einstieg der Migros in den Schweizer Golfsport eine entscheidende Rolle. Dank seinem Engagement wurde der Golfsport in der Schweiz allen Bevölkerungsschichten zugänglich.
Als leidenschaftlicher Golfer kannte Eugen Hunziker sowohl die zunehmende Begeisterung für den Golfsport in der Schweiz seit den 70er- und 80er-Jahren, als auch die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage. In den meisten Schweizer Clubs gab es lange Wartelisten für die Aufnahme von Neumitgliedern. Zusätzliche Golfplätze auf Schweizer Boden konnten mit wenigen Ausnahmen keine gebaut werden. Ein Grossteil der Verantwortlichen in den Clubs und auch im Verband wollte zudem die Exklusivität des Golfsports beibehalten. So Entschied zum Beispiel Hunzikers Homeclub Schönenberg – trotz grosser Nachfrage – die Mitgliederzahl der Aktiven bei 450 zu stabilisieren. Eine Erhöhung auf 500 wurde abgelehnt.
Eugen Hunziker war jedoch überzeugt von der Notwendigkeit, einem grösseren Teil der Bevölkerung unter finanziell verkraftbaren Bedingungen Spielmöglichkeiten bereitzustellen. Als Verantwortlicher auf höchster Ebene des MGB erkannte er deshalb eine verlockende Gelegenheit für den Grossverteiler, in den Golfsport einzusteigen.
Er dachte dabei nicht an das Migros Kulturprozent. «Der elitäre Golfsport würde beim Grossteil der Genossenschafter nicht als akzeptabler Empfänger von Kulturgeld betrachtet», war seine Überzeugung. Für Eugen Hunziker war das Migros-Engagement im Golfsport in erster Linie ein Beitrag zur Gesellschaft, dank dem die Bedürfnisse vieler Golfbegeisterter erfüllt werden konnten, und gleichzeitig eine Gelegenheit für die Migros, diese Entwicklung kommerziell zu nutzen.
Zuerst ging es darum, eine Hürde innerhalb des MGB zu überwinden, um mit überzeugenden Argumenten die Grundlage für den Einstieg in den Golfsport zu schaffen. Dies gelang Eugen Hunziker in weniger als einem Jahr.
Die zweite Hürde erschien noch höher, nämlich die ablehnende Haltung der Bauern. Die Vertreter das Landwirtschaft waren der Meinung, das Land sei da, um die Ernährung der Bevölkerung sicher zu stellen und nicht um einer kleinen Elite die Ausübung ihres Hobbys zu ermöglichen. Zwischen 1969 und 1992 konnten, trotz dem Wunsch nach vermehrten Spielmöglichkeiten, nur vier neue Golfplätze auf Schweizer Boden gebaut werden. Um der zunehmenden Nachfrage und dem Druck auf die bestehenden Clubs entgegenzuwirken, sah sich der Verband gezwungen, in diesem Zeitraum acht neue Golfclubs im nahen Ausland aufzunehmen.
Zufällig traf Eugen Hunziker anlässlich eines Sprachaufenthalts in England den damaligen Direktor des Bauernverbandes, Melchior Ehrler. «Ich habe Melchior ‘bearbeitet’ und wir besichtigten zusammen einige Public Golf Courses, auf denen grundsätzlich jedermann zu günstigen finanziellen Konditionen spielen konnte. Bei Melchior hat es in diesem Moment geklickt», erinnert sich Eugen Hunziker. Melchior Ehrler war sich bewusst, dass in der Schweiz weit mehr als das zur Versorgung der Bevölkerung benötigte Agrarland zu Verfügung stand, und begann, sich für die Nutzung nicht genutzter Landwirtschaftsflächen für den Golfsport zu interessieren.
Ehrler war auch an der 1992 von der Swiss Golf Foundation organisierten Tagung Golf & Natur als Podiumsteilnehmer dabei. Die dort vorgebrachten Argumente überzeugten ihn. Die Tatsache, dass Eugen Hunziker, als offizieller Vertreter der Migros, mitteilte, dass bereits mehrere konkrete Golfprojekte in Bearbeitung waren, führte zu einem Umdenken, sowohl beim Direktor des Bauernverbandes als auch bei vielen Besitzerinnen und Besitzern von Landwirtschaftsflächen. Letztlich führte dies zum Boom des Golfplatzbaus in der Schweiz in den Neunzigerjahren. Zwischen 1992 und 2000 konnten 29 neue Golfplätze auf Schweizer Boden gebaut und in den Verband aufgenommen werden. Bereits 1993 berichtete der Tages-Anzeiger von einem «Golffieber» in der Zentralschweiz.

Es gab noch eine dritte Hürde: Die Opposition des Umweltschutzes, der den Verlust naturnaher Landschaften sowie die Beeinträchtigung der Biodiversität befürchtete. Anfangs der Neunzigerjahre war die Migos auf der Suche nach einem geeigneten Gelände. Nach einem gescheiterten Versuch in Hünenberg fand man das benötigte Land bei Rotkreuz/Holzhäusern. 1993 stimmte die Bevölkerung der Umzonung zu, 1994 erfolgte der Spatenstich. Zuvor mussten jedoch Einwände der Naturschützer geklärt werden. Der lokale WWF legte einen Katalog mit 130 Auflagen vor. Mit Umweltspezialisten der Migros konnte über WWF Schweiz eine akzeptable Lösung gefunden werden. Über ein Drittel der Forderungen des Auflagenkatalogs wurden gestrichen. Auch Pro Natura hat sich später mit falschen Behauptungen, zum Beispiel Pestizidverbrauch, gegen einzelne unserer Projekte gestellt.
Eine vierte Hürde war die Skepsis vieler Clubs und auch des ASG-Vorstandes – mit Ausnahme des Verbandspräsidenten Gaston Barras. Es gab nach wie vor Vorbehalte gegenüber der Popularisierung des Golfsportes. Es brauchte deshalb stichfeste Argumente, um eine Öffnung und damit die Weiterentwicklung des Golfsports in der Schweiz zu ermöglichen. Auch diese Hürde wurde schlussendlich überwunden. Heute sind die beiden Public Golf Organisationen (ASGI und Migros GolfCard) im Vorstand von Swiss Golf vertreten.
Dass Eugen Hunzikers Argumente für den Einstieg der Migros in den Golfsport richtig waren, zeigte sich bereits im Golfpark in Holzhäusern. Mit «nur» 5000 Franken Eintrittsgebühr, einem moderaten Mitgliederbeitrag, und bei voller Risikoübernahme durch die Migros, setzte das Projekt neue Massstäbe zur Entwicklung des Schweizer Golfsports. Neben dem «Closed Shop»-Modell der Clubs lancierte die Migros das Prinzip «Open House» und revolutionierte damit die Schweizer Golfszene. 1995 titelte der Blick: «Golf für alle ist angesagt».
Der Bau der Anlage kostete 17 statt 15 Millionen, schrieb aber dank des enormen Andrangs bereits im ersten Jahr schwarze Zahlen. 1999 wurde der Golfpark Holzhäusern erweitert, und es entstanden vier weitere Migros Golfparks in der Deutschschweiz sowie einer in der Wetschweiz (Signal de Bougy).
Die Überzeugung, dass mit dem Einstieg der Migros in den «Golfsport für alle» nicht nur das Grundanliegen der Migros, nämlich der Bevölkerung zu dienen, erfüllt wurde, sondern damit auch Geld zu verdienen ist, wurde auf eindrückliche Art und Weise bestätigt. Eugen Hunzikers Weitsicht und sein Einsatz haben massgeblich dazu beigetragen, dass das Public-Golf-Angebot ein fester Bestandteil und eine wesentliche Unterstützung für die Zukunft des Schweizer Golfsports darstellt.

